Die Kollegen Ferner und Siebers berichten in Ihren Blawgs, dass lauf Focus nun doch strafrechtliche Ermittlungen gegen sogenannte Premium User von Kino.to aufgenommen wurden. Als Anfanfgsverdacht reichte wohl eine Liste aus, die die Daten von Usern enthielt, die Geld für die Premiumversion der Seite gezahlt hatten.
Doch welche Straftat wurde durch die Premiummitgliedschaft erfült ? Die Presse hüllt sich in Ihren Meldungen in Schweigen. Ein Grund mal genauer ins Gesetz zu gucken:
Es könnte eine Strafbarkeit nach § 106 UrhG vorliegen:
§ 106 Unerlaubte Verwertung urheberrechtlich geschützter Werke
(1) Wer in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen ohne Einwilligung des Berechtigten ein Werk oder eine Bearbeitung oder Umgestaltung eines Werkes vervielfältigt, verbreitet oder öffentlich wiedergibt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Der Versuch ist strafbar.
Es müsste beim Streamen also eine Vervielfältigung im Sinne des § 16 UrhG vorliegen, die dabei auch noch durch denjenigen, der sich den Stream ansieht, erstellt wurde. Ob dies aus rechtlicher Sicht überzeugt, ist hoch um stritten, siehe hierzu den Meinungsüberblick durch den Kollegen Ferner. Ob ein Richter angesichts dieses Meinungsstreites und dem Fehlen obergerichtlicher Rechtsprechung zu dem Thema zu dem Ergebnis einer Strafbarkeit kommt erscheint fraglich.
Aber die Strafverfolgung des § 106 UrhG dürfte auch an einer tatsächlichen Hürde scheitern. Dem tatsächlichen Nachweis. Denn das Premiumabonnement sagt an sich nichts über die Vervielfältigungshandlung aus. Es muss also dem einzelnen User eine Vervielfältigungshandlung (also das umstrittene Streamen) eines bestimmten Filmes nachgewiesen werden. Und solange die Betreiber von Kino.to neben den Premiumdaten zu jedem Premiumuser nicht eine Logdatei zu diesem User mit Datum, IP Adresse, und Titel sowie URL des angesehenen Filmes angelegt haben, dürfte dieser Nachweis mehrere Monate nach Schließung der Webseite kino.to nicht zu führen sein.
Aller Wahrscheinlichkeit nach dürfte eine solche Liste nicht existieren. Aber man weiss ja nie.
Wenn aber der konkrete Nachweis nicht möglich ist, könnte ja die Beihilfe hier den „Durchbruch“ bringen.
Bei den Betreibern liegt – zumindest nach der Rechtsmeinung des AG Leipzig – die Strafbarkeit des § 106 UrhG sowie des § 108a UrhG vor (wobei ich auf die schriftlichen Urteilsgründe gespannt bin), da eine Vervielfältigung quasi überall vorlag (Interessant ist auch hier die Frage der strafrechtlichen Relevanz der „Verlinkung“, kino.to hat ja oft nur auf andere Streamingportale wie megavideo.com usw. verwiesen, so dass bei kino.to gar keine Vervielfältigung sonderen nur eine Verlinkung stattfand). Die Premiumuser haben diese rechtswidrige Tat nun unterstützt, da Sie durch die Entrichtung von Geld ja den weiteren Betrieb der Plattform ermöglichten.
Nach § 27 StGB wird als Gehilfe bestraft, wer
“ wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat.“
Der Premium-User müsste also vorsätzlich den Betreibern von kino.to durch die Zahlung der Premiumgebühr Hilfe geleistet haben. Bei einer Beihilfe ist immer ein „Doppelvorsatz“ notwendig, d.h. dass der Hilfe leistende sowohl vorsätzlich hinsichtlich seiner Hilfeleistung handeln muss wie auch Vorsatz hinsichtlich der Erfüllung der Haupttat haben. Der Premium-User musste also wissen, dass er mit seiner Geldzahlung den Betreibern von kino.to hilft, und er musste auch wissen, dass die Betreiber von kino.to aktuell eine Straftat begehen, die noch nicht beendet ist. Hört sich soweit erst mal schlüssig an. Die Probleme lauern aber im Detail. Welche Straftat will der Premium-User unterstützen ? Alle oder nur einen bestimmten Film. Ist er sich der Unterstützung überhaupt bewusst, Grund für die Premium-Mitgliedschaft ist doch vielmehr, die lästige Werbung abzuschalten. Und ist die Straftat vielleicht schon beendet, da die Filme ja längst hochgeladen wurden ?
Fragen über Fragen, die alle bisher noch nicht von einem Gericht beantwortet wurden.
Ob die Generalstaatsanwaltschaft in Leipzig hier ein solches Musterverfahren anstrengen will bleibt abzuwarten. Angesichts der Vielzahl von durchaus fragwürdigen Verfahren, die ich von diversen Staatsanwaltschaften mitgemacht habe, kann ich mir aber ein solches Verfahren durchaus vorstellen. Eine andere Variante wäre die Aufnahme dieser bestimmt vier- bis fünfstelligen Anzahl von Ermittlungsverfahren, um Sie dann nach schriftlicher Beschuldigtenvernehmung umgehend gemäß § 153a StPO gegen Auflage einzustellen. Das wäre dann die staatsanwaltliche Version der Filesharingabmahnung 😉
Den Betroffenen kann jedoch nur geraten werden schon bei der ersten polizeilichen Vorladung zur Beschuldigtenvernehmung, und sei es nur zur schriftlichen Stellungnahme, fachkundigen Rat aufzusuchen und von seinem Recht zu Schweigen gebrauch zu machen. Denn wie heißt es im Fernsehkrimi so schön:
„Alles was Sie sagen kann gegen Sie verwendet werden.“
Angstmache oder reale Bedrohung: Strafrechtliche Ermittlungen gegen Premium-User von Kino.to
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