Wie der Kollege Stadler heute in seinem Blog berichtet, hat das Bundesverfassungsgericht ein Berufungsurteil des OLG Köln zum Ersatz der Anwaltskosten aus einer Filesharingabmahnung aufgehoben und zur erneuten Verhandlung an das OLG Köln zurückverwiesen. Grund für die Aufhebung des Urteils war eine Verletzung des Grundrechts auf den gesetzlichen Richter gemäß Artikel 101 Abs 1 Satz 2 Grundgesetz.

Was bedeutet diese Entscheidung für die vielen Gerichtsverfahren in Filesharingsachen ?

Das Bundesverfassungsgericht hat sich in seiner Entscheidung inhaltlich kaum mit den Argumenten aus den Filesharingverfahren auseinandergesetzt, es ging vielmehr ausschließlich darum, ob das OLG ohne weiteres den Antrag auf Zulassung der Revision zurückweisen konnte. Das Bundesverfassungsgericht hat dazu ausgeführt, dass einerseits die Zurückweisung des Antrages nicht ausreichend begründet war, andererseits die Angelegenheit nach Ansicht der Verfassungsrichter den Vorgaben des § 543 Abs 2 Satz 1 Nr 2 ZPO entsprach:

„Mithin hätte hier eine Revisionszulassung nahegelegen, weil eine klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage, die sich in einer unbestimmten Vielzahl weiterer Fälle stellen kann und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO), sowie eine entscheidungserhebliche Abweichung im Sinne von § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO vorlag.“

Das OLG wird nun erneut über die Angelegenheit zu Verhandeln haben. Soweit der Senat in seinen Ansichten konsequent bleibt, wird ein gleichlautendes Urteil ergehen. Allerdings wird der Senat höchstwahrscheinlich auf einen erneuten Antrag die Revision zulassen, hat doch bereits das BVerfG die „Revisionswürdigkeit“ festgestellt.( Aber in Kölle weiss man ja nie so genau…)

Die Folge einer Revision beim BGH wäre eine Entscheidung des BGH zur Störerhaftung des Anschlussinhabers in Filesharingfällen. Die ist ja gerade auch in Berlin in der Diskussion (siehe Blog Bericht des Kollegen Röttger) . Soweit der BGH in der hier vorliegenden Konstellation – der Anschlussinhaber war nicht Täter des Filesharings und hat Nutzer des Anschlusses auf Regeln der  Nutzung hingewiesen, so dass es in dem Verfahren „nur“ um die Rechtsanwaltskosten der Abmahnung geht – eine Störerhaftung verneint, würde das Leben der Abmahnkanzleien zukünftig erheblich schwerer.  Denn die offensichtlich hohen Zahlungsquoten (die es ja doch geben muss, warum sonst gibt es immer mehr Kanzleien die im Namen der  sonst nie auftauchenden Rechteinhaber -etwa Komponisten oder Texter –  massenhaft abmahnen)  beruhen auf der Prämisse, dass man unabhängig vom eigenen Tatbeitrag als Anschlussinhaber automatisch im Haftungsverband steckt, quasi die „Anschlusshalterhaftung“ als Gefährdungshaftung. Bisher haben die Gerichte dies meist ohne nähere Begründung bejaht, wie man an dem vom BVerfG entschiedenen Fall sieht. Eine BGH Entscheidung, die den Anschlussinhabern eine Leitlinie vorgibt, wie man aus der „Anschlusshalterhaftung“ und insbesondere der Pflicht des Störers zur Zahlung der Anwaltsgebühren aus einer Abmahnung entkommen kann, würde wohl automatisch zu einer erheblichen Verringerung der Zahlungsbereitschaft der Abgemahnten führen. Dem Modell der Filesharungabmahnung würde dann ein wenig die Luft rausgelassen werden, denn der Schadensersatz ist meist schwer durchzusetzen, die Höhe der möglichen Anwaltsgebühren machen das Modell für die Filesharingbmahner attraktiv.

Ob der BGH eine solche Entscheidung treffen wird und vor allem wann mit einer solchen Entscheidung zu rechnen ist (ich denke nicht vor 2013) steht leider in den Sternen. Vielleicht wird ja auch der Gesetzgeber vorher tätig, so dass hier das Problem schon vorher entschärft wird.

Festzuhalten ist aber, dass  durch diese Entscheidung der Weg offen ist zu einer richtungsweisenden Entscheidung des  BGH (welches die Entscheidung „Sommer unseres Lebens“ ja nicht war) in Sachen Störerhaftung von Internetanschlussinhabern.

Neue Runde in den „Filesharing Wars“
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