Die LTO berichtet über einen Honorarprozess zwischen dem nicht ganz unbekannten Rechtsanwalt Birkenstock und dem nicht minder prominenten Wettermoderator Kachelmann vor dem LG Köln. Erstaunlich sind dabei insbesondere die Summen um die es geht: Der Kollege Birkenstock möchte für seine Tätigkeit (und vermutlich die Tätigkeit seines Teams) 440.000,- € haben, Herr Kachelmann will aber nur 250.000,- € zahlen und verlangt 37.000,- € an Überzahlung zurück.Wenn man bedenkt, dass der Kollege Birkenstock nach dem 15. von insgesamt 46 Prozesstagen von seinem Mandat entbunden wurde, ist dies schon eine sehr erstaunliche Honorierung, insbesondere wenn man da an die zurückliegende BGH Rechtsprechung zu strafrechtlichen Honorarvereinbarungen denkt:
Danach
hält der (9.) Senat daran fest, dass die mehr als fünffache Überschreitung der gesetzlichen Höchstgebühren für Verteidiger eine tatsächliche Vermutung für die Unangemessenheit der vereinbarten Vergütung bildet. Die Einführung einer solchen Grenze steht in Einklang mit Art 12 GG (BVerfG AnwBl. 2009, 650, 653). Infolge der faktischen Leitbildfunktion der gesetzlichen Gebührenordnung kann das Vertrauen der Rechtsuchenden in die Integrität der Anwaltschaft erschüttert werden, wenn sich der Rechtsanwalt ein Honorar versprechen lässt, dessen Höhe die gesetzlichen Gebühren um ein Mehrfaches übersteigt (BVerfG aaO, S. 652).
(BGH Urteil vom 4.2.2010, AZ: IX ZR 18/09)
Bei 15 Verhandlungstagen, bei denen der Kollege Birkenstock anwesend war) wäre die gesetzliche Höchstgebühr gemäß Nr 4120 VV RVG (während der Hauptverhandlung war Kachelmann nicht in Haft) genanntem Verfahren 780,- € Netto pro Hauptverhandlungstag, das Fünffache hiervon sind dann 3.900,- €. Dies mal 15 Prozesstage sind 58.500,- €, bei 2 Anwälten – die hier auch tätig waren – beträgt die Höchstsumme 117.000,- €.
Selbst wenn man davon ausgeht, dass ein wesentlicher Teil der von Herrn Birkenstock genannten Gebühren für das Vorverfahren „verbraucht“ wurden, erstaunt angesichts dieser Rechtsprechung sowohl die geforderte Summe von Herrn Birkenstock wie auch die gezahlte Summe von Herrn Kachelmann.
Allerdings kann nach obiger Rechtsprechung eine Überschreitung der Summe gerechtfertigt sein:
Die aus dem Überschreiten des fünffachen Satzes der gesetzlichen Gebühren herzuleitende Vermutung der Unangemessenheit eines vereinbarten Verteidigerhonorars kann durch die Darlegung entkräftet werden, dass die vereinbarte Vergütung im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände angemessen ist (Modifikation von BGHZ 162, 98).
Hier muss der Kollege Birkenstock also die Angemessenheit der Vergütung, insbesondere Angesichts des erfolgten Anwaltswechsel im Prozess, darlegen. Kein leichtes Unterfangen, auch wenn das Kachelmann Verfahren sicher sehr aufgebläht war, man denke nur an die vielen Gutachter, die einbezogen wurden.
Ich frage mich, ob die in diesem zivilrechtlichen Verfahren beteiligten Rechtsanwälte auch so schlau waren eine Gebührenvereinbarung abzuschließen……
Ungeachtet der BGH-Rechtsprechung kann ich nicht finden, dass das Birkenstock-Honorar zu hoch sein soll. Warum auch? Dieser und vergleichbare Prozesse binden einen Anwalt über Monate, lassen keine Luft für neue Mandate. Wirtschaftlich betrachtet muss also ein Honorar in einer solchen Mammutsache Ausfälle abdecken. Schemahaftes Denken, wie der BGH unter Beweis gestellt hat, in dem er willkürlich beim Überschreitren des Fünfachen dem Anwalt die Luft abdrehen will, sind kaum förderlich.
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