Manchmal ist man einfach nur erstaunt über die Dreistigkeit von Vermögensvermittlern. Einer 72jährigen Rentnerin – im folgenden „omi“ – wird ein nachrangig partiarisches Darlehen für eine Firma die Sie nicht kennt als tolle Anlage verkauft. Ich habe schon erhebliche Zweifel, ob die Renterin auch nur in Ansätzen registriert hat, was ihr da eigentlich angedreht wurde. Aber was ist ein nachrangig partiarisches Darlehen ?
Ein partiarisches Darlehen (das Wort ist schon schwierig auszusprechen) ist eine Sonderform des Darlehens gemäß § 488 BGB. Die Besonderheit liegt in der Art des Darlehens, dass eine Art „Wette“ enthält. Der Darlehensgeber – hier unsere Omi – gewährt einem Unternehmen ein Darlehen. Das Unternehmen verpflichtet sich das Darlehen zurückzuzahlen. Der Gag liegt nun in der Art des „Mehrwertes“. Der Mehrwert ist nämlich die Beteiligung am Unternehmensgewinn. Macht das Unternehmen also Gewinne, bekommt Omi was davon ab, macht es Verluste (das ist eine der wichtigen Unterscheidungen des partiarischen Darlehens) bekommt Omi nix, muss aber auch nicht für die Verluste haften. Oft werden diese Gewinnbeteiligungen noch mit einem „garantierten Zinssatz“ vermischt, um den Verkauf anzukurbeln, dann wird eine Mindestverzinsung garantiert, die man „auf jeden Fall“ bekommt. Und dazu noch die Gewinnbeteiligung.
Das sind ja gleich zwei Geschenke auf einmal.
Aber wie bei der Kinderüberraschung steckt auch hier in jedem dritten Ei was besonderes drinnen. Und hier gleich doppelt. Einmal ist die Frage des „Gewinns“ relevant. Aus Film und Fernsehen ist bekannt, dass „wer das Geld gibt, auch bestimmen kann„. Nicht so beim nachrangig partiarischen Darlehen, der Geldgeber hat keine Einfluss auf die Verwendung des Geldes, ebensowenig wie auf die Ermittlung des Gewinns, mit den richtigen bilanztechnischen Tricks muss kein Gewinn bei der Gesellschaft entstehen. Und der Darlehensgeber – also Omi – hat keinerlei Einfluss darauf.
Und als Sahnehäubchen kommt das „nachrangige“ Darlehen.
Unsere Omi fragt sich nun, was das denn nun wieder ist ?
Nachrangig bedeutet, dass das Darlehen im Falle der Insolvenz erst dann zurückgezahlt werden muss, wenn alle anderen Gläubiger (mit Ausnahme des Eigenkapitals) befriedigt sind. Faktisch bedeutet dies, dass sich der Darlehensgeber „hinten“ anstellen muss, im Falle der Insolvenz halten alle anderen vor Ihm die Hand auf (sprich Banken, Arbeitnehmer etc.pp). Erst wenn ALLE dieser Gläubiger Ihr GESAMTES Geld, was das Unternehmen ihnen schuldet, bekommen haben, darf ein Euro aus dem Darlehen an unsere Omi zurückgezahlt werden. Da eine Insolvenz immer dann erfolgt, wenn das Unternehmen KEIN Geld mehr hat, bedeutet dies in 99,9% aller Fälle, dass das Geld von Omi in der Insolvenz des Unternehmens weg ist und kein müder Cent zurückgezahlt wird, auch nicht im Rahmen des Insolvenzverfahrens.
In kurzen Worten zusammengefasst:
- Bei einem nachrangigen partiarischen Darlehen gibt der Darlehensgeber Geld in der Hoffnung das die Firma Gewinne macht
- Ob die Firma Gewinne macht, kann der Darlehensgeber (Omi) nicht beeinflussen oder überprüfen, die Firma ist in der Investition und dem Abschluss (und der Verwendung der Mittel) frei
- Wird von der Firma kein Gewinn ausgewiesen gibt es nichts.
- Meldet das Unternehmen Insolvenz an, gibt es – in der Regel – auch das Darlehen nicht zurück.
Spätestens wenn man sich die Zusammenfassung mal in Ruhe durchliest sollte man merken, dass es sich hier um eine extrem risikoreiche Kapitalanlage handelt. Ich muss also sehr grosses Vertrauen in die Firma und deren Geschäftsmodell haben, um zu investieren.
Jetzt wird es aber bei der anfangs genannten Omi, die diese tolle Vermögensanlage vorgeschlagen bekommt, vollends unseriös. Eigentlich müsste der Berater, der diese Anlage seinem Kunden vorschlägt, lang und breit über das Geschäftsmodell und die bisher getätigten Umsätze und vorraussichtlichen Gewinne des Unternehmens aufklären. Weit gefehlt. Meist wird -so oder ähnlich – von den selbständigen und auf die Provision schielenden Beratern schwadroniert:
„Die Firma XY macht in Immobilien. Jeder weiss, dass Immobilien heutzutage bei der Finanzkriese das meiste Geld bringen. Wenn Sie jetzt noch dabei sein wollen müssen Sie NOCH HEUTE unterschreiben, sonst macht es ein anderer. Das ist ihre Chance….“
Omi gibt also auf das Versprechen des Beraters, dass das Unternehmen irgendwas mit Immobilien macht die Wette ab, dass das Unternehmen mit Ihrem Geld irgendwann (wenn es das selber beschließt) Gewinn macht, von dem Sie dann ein bisschen abhaben darf.
Vollends unseriös wird die Sache, wenn der Verbraucher sein Darlehen an das Unternehmen in Raten zahlt. Ein Darlehen erfolgt üblicherweise so, dass der Gesamtbetrag zur Verfügung gestellt wird, und der Darlehensnehmer (hier unser Unternehmen) irgendwann das Darlehen zurückzahlt, schließlich will er jetzt mit dem Geld des Darlehens ein Geschäft tätigen. In unserem Fall aber zahlt die Darlehensgeberin – Omi – das Darlehen in Raten. Ungewöhnlich, oder ?
Noch schöner ist es dann, wenn für diese „Wette“ ein Agio bezahlt werden muss, die Omi also dafür, dass Sie auf das Unternehmen eine derartige Wette „setzen“ darf, eine Gebühr bezahlen soll.
Ich möchte nicht falsch verstanden werden, das nachrangige partiarische Darlehen mag durchaus ein sinnvolles Instrument der Unternehmensfinanzierung sein, dass seinen Sinn und Zweck hat. Allerdings ist der Vertrieb von Kleindarlehen (die im Betrag meist zwischen 5.000-50.000 € betragen) an Verbraucher, die durch Ihre sogenannten „Vermögensberater“ zum Erwerb derartiger Anlagen ohne Kenntnis des Unternehmens oder Unternehmenszwecks gebracht werden hochgradig unseriös.
Entsprechende AGBs der Unternehmen (mit fester langfristiger Laufzeit, hohen Vertragsstrafen Bearbeitungsgebühren bei Kündigungen etc.) sind weiterhin Anzeichen von hoch kritischen Geschäften. Aber nicht umsonst zählen die nachrangig partiarischen Darlehen zum „grauen Kapitalmarkt“
Abhängig von der Art der Beratung und der Art und Weise des Vertriebs derartiger partiarischer Darlehen kann – je nach Prüfung des Einzelfalls – das Geschäft gemäß § 823 Abs. II BGB iVm §§ 32, 1 KWG unwirksam sein.
Aber es gibt viele neue Geschäftsmodelle, hier das Geschäftsmodell, das ich sofort verstanden habe. Die „Fuselanleihe“
Na ja, im Kern geht es doch immer nur um das Geschäftsmodell und die Integrität der Initiatoren. Wenn es schief geht oder kriminelle Energie im Spiel war, ist doch vollkommen egal, in welcher „Produktverpackung“ der Kapitalanleger ins Risiko geht – als stiller Gesellschafter, als Kommanditist, als partiarischer Darlehnsgeber oder sonst was. Wenn die Sache gescheitert ist, ist das Geld weg (Masse ist nach „Insolvenzverwalter-Staubsauger“ ohnehin regelmäßig keine mehr da).
Insofern ist das ohnehin immer „Abenteuerkapital“ (past begrifflich meist besser als „Risikokapital“)…….
stimmt, so seh ich das auch.
V.a., weil ich das schon mal mitgemacht habe.