Das Wohnraummietrecht hat sich dem Schutz des unbedarften Mieters verschrieben. Das Gewerberaummietrecht sieht das mit dem Schutz des Mieters nicht so eng, auch wenn in der Rechtsprechung deutliche Tendenzen einer Angleichung von Gewerberaummietrecht und Wohnraummietrecht gibt (siehe etwa das BGH Urteil zur Unwirksamkeit eines starren Fristenplans auch im Gewerberaummietrecht, BGH Urteil vom 8.10.2008, AZ: XII ZR 84/06).
In den üblichen Gewerberaummietverträgen findet man sehr oft auf Seite 14 oder 15 des Mietvertrages – also wenn der nicht anwaltlich vertretene Mieter keine Lust mehr zum lesen hat – folgende Klausel:
„Der Mieter kann nur mit unbestrittenen Gegenforderungen sowie mit solchen Zahlungen aus dem Mietverhältnis aufrechnen oder die Zurückbehaltung erklären die rechtskräftig festgestellt sind.“
Dieser kleine Satz bedeutet im Falle des streitigen Mietverhältnisses eine gründliche anwaltliche Beratung. Ein Beispiel. Der Mieter sitzt in einem Einkaufszentrum, das erhebliche Umbaumaßnahmen ausführt. Den ganzren Tag ist es laut, der Strom fällt aus und die Kundenströme werden durch die Baumaßnahmen umgeleitet. Der Umsatz bricht ein. Reaktion des Mieters: „Schadensersatz!!“ und zwar ordentlich, es fehlt die Hälfte des normalen Umsatzes=Gewinns. Und da der Vermieter keinen Schadensersatz zahlen will, wird mit der Miete aufgerechnet. Nach 2 Monaten flattert die fristlose Kündigung gemäß § 543 BGB ins Haus. Und die wird im Gerichtsverfahren um die Räumung auch noch bestätigt. Grund: Das Aufrechnungsverbot. Der Mieter hätte erst einmal seinen Anspruch einklagen müssen, um dann die Aufrechnung zu erklären.
Macht der Mieter in oben genanntem Fall nun Minderungsansprüche gemäß § 536 BGB und nicht Schadensersatz geltend, kommt der juristische Hochseilakt: Der Minderungsanspruch an sich ist ein gesetzliches Recht und kann daher durch die Parteien nicht ausgeschlossen werden (siehe Palandt, Kommentar zum BGB § 536, Rn 2 ff,33 ;BGH Urteil vom 20.6.1984 in NJW 1984, 2404-2406). Allerdings kann das Recht zur Verrechnung mit der laufenden Miete ausgeschlossen werden, da § 536 Absatz 4 BGB nur für Wohnraummietverhältnisse gilt.
Folge ist, dass der Mieter erst einmal die volle Miete zahlen muss, um sich dann im Wege der Bereicherungsklage nach § 812 BGB die zuviel gezahlten Mietbeträge wiederzuholen. Eine simple Reduzierung der Miete um den angenommenen Minderungsbetrag bringt wieder das „böse“ Aufrechnungsverbot ins Spiel, da bei einer wirksamen Formulierung – das kommt dann auf den Einzelfall an – des Aufrechnungsverbots die vorgenommene Mietminderung unzulässig ist (auch wenn ein Minderungsgrund vorliegt !!).
Es besteht daher bei voreiligem Handeln (insbesondere wenn der Mieter nicht anwaltlich beraten ist) durchaus die Möglichkeit trotz Vorliegen eines Minderungsgrundes wegen der erfolgten „Aufrechnung“ der Minderung mit der Miete fristlos gekündigt zu werden. Nach gegenwärtiger Rechtsprechung würde eine solche Kündigung auch vor Gericht (wieder abhängig vom Einzelfall der Formulierung im Mietvertrag) bestätigt werden.
Für den Anwalt bedeutet dies aber auch eine besonders intensive Prüfung des Mietvertrages und eine gründliche Beratung des Mieters hinsichtlich der vorhandenen Optionen. Grundsätzlich klagen gerade gewerbliche Mieter eher ungern in einem bestehenden Mietverhältnis gegen den Vermieter, aber gerade in diesen Fällen ist es oft der sicherste Weg um seine Ansprüche geltend zu machen !