SPON, Heise und andere haben heute gross über die Verhaftung der Betreiber des Share-Hosters MEGAUPLOAD berichtet. Nach den Presseberichten gab es Durchsuchungen, Verhaftungen und Beschlagnahmen in acht Ländern. Das Verfahren wird durch die US Staatsanwaltschaft betrieben, die Anklage wurde vor dem Distriktgericht in Alexandria, Verginia erhoben. Hier kann jederman die Anklage der Staatsanwaltschaft nachlesen.
Spannenderweise ist keiner der Beschuldigten Amerikaner, und keiner der Beschuldigten wurde in den USA verhaftet. Wie schon bei kino.to sind die führenden Köpfe anscheinend Deutsche (und da jammert die Politik und die Presse, dass deutsche IT-Profis angeblich hinterherhinken…..). Die USA hat – laut Presse – zumindest gegenüber Neuseeland die Auslieferung der Verdächtigen beantragt, in Neuseeland selber wurde keine Anklage erhoben wurde.
Ehrlich gesagt macht mir das ein wenig Angst.
Ist die USA nun in die Rolle der weltweiten „Internetpolizei“ geschlüpft ?
Nach Artikel 16 Grundgesetz darf kein Deutscher an einen anderen Staat ausgeliefert werden, es sei denn es ist ein anderer Staat der EU oder ein internationaler Gerichtshof. Beides ist hier nicht der Fall. Nun befinden sich die Beschuldigten nicht in Deutschland, so dass die Norm für Mr Kimble aka Mr Dotcom derzeit wertlos ist.
Seine Auslieferung richtet sich nach dem Neuseeländischen Recht. Danach muss die Straftat mit einer Gefängnisstrafe von mehr als einem Jahr bedroht sein, die Straftat muss auch nach neuseeländischem Recht strafbar sein und muss in einem eventuellen Auslieferungsabkommen auch so bezeichnet sein. Hier spielt also derzeit die Musik für die Beschuldigten. Die Anklageschrift beschuldigt die Angeklagten, dass diese eine kriminelle Vereinigung zur gewerbsmäßigen Urheberrechtsverletzung gegründet hätten und gewerbsmäßig Urheberrechtsverletzungen begangen hätten. Eine solche Straftat müßte in Neuseeland auch strafbar sein. (In Deutschland wäre dies nach § 129 StGB iVm § 108a UrhG strafbar) Anscheinend ist dies der Fall, in Section 131 des Copyright Acts von 1994 wird in Absatz 5 eine Geldstrafe oder eine Gefängnisstrafe von bis zu 5 Jahren angedroht. Demnach könnte Neuseeland grundsätzlich die Beschuldigten ohne weiteres an die USA ausliefern.
Aus juristischer Sicht bleibt für die Anwälte der Beschuldigten trotzdem noch Spielraum, denn bei den Inhalten von Megaupload handelt es sich ja um sogenanntes „UGC“ (User Generated Content) also Inhalten, die nicht von den Beschuldigten selber, sondern durch Dritte hochgeladen wurde. Somit sind vorrangig die Dritten die „Urheberrechtsverletzer“, nicht die Beschuldigten.Die Haftung für solchen UGC ist auch in Deutschland hoch umstritten, nicht umsonst gibt es zu dem Themenkomplex Haftung für fremde Angebote/Inhalte mehrere BGH Entscheidungen (etwa Internetversteigerung I-III)
Die Anklageschrift versucht nun nachzuweisen, dass die Dritten durch die Beschuldigten aktiv dazu angehalten und aufgefordert wurden, urheberrechtswidriges Material hochzuladen und so quasi als Anstifter der Dritten zu sehen sind. Als Beweis hierfür werden die Bonusprogramme, E-Mails der Beschuldigten, Zahlungsströme sowie die fehlende Mitwirkung bei den sogenannten „Take-Down-Notices“ (entspricht ungefähr der Abmahnung im deutschen Recht) der Rechteinhaber angeführt. Ob diese Nachweise dem zuständigen Richter in Neuseeland ausreichen bleibt abzuwarten.
Bleibt nur die Frage offen, ob diese Straftat auch im Rahmen des Auslieferungsabkommens mit den USA, welches offensichtlich besteht, genannt wurde. Dazu kann ich nichts sagen, da ich dieses Abkommen nicht kenne. Insgesamt ist aber nun mit einem längeren Auslieferungsverfahren in Neuseeland zu rechnen.
Was mir aber Angst macht ist die Selbstverständlichkeit mit der hier weltweit seitens der Behörden in den Ländern gehandelt wird. Im Urheberrecht gilt das Territrialitätsprinzip, es gilt also immer gerade das Recht für die Werke, in dem das Werk genutzt wird. Wird ein amerikanischer Film also in Neuseeland rechtswidrig ausgestrahlt, gilt das neuseeländische Urheberrecht. Hier könnte also auch nach neuseeländischem Recht gegen die Beschuldigten vorgegangen werden.
Im Falle einer Auslieferung wird aber faktisch ein besonderes „Eingriffsrecht“ der USA und der dort ansässigen Medienunternehmen statuiert, dass den Internetnutzern weltweit aufzeigt, dass die Medienunternehmen mittels des amerikanischen Rechtes überall zugreifen kann. Angesichts des aktuellen Gesetzesvorhabens bezüglich SOPA und PIPA in den USA kein beruhigender Gedanke, insbesondere wenn die Behörden der westlichen Länder sich so bereitwillig zur Strafverfolgung zur Verfügung stellen.